Lektion über die Grundlagen des Webs und der Web-Archivierung für Historiker
Diese Lektion vermittelt Historikern die grundlegenden Technologien des Webs anhand einer Fallstudie, in der zwei Websites über die Interviewsammlung des Psychologen David Boder aus den Jahren 2000 und 2009 verglichen werden. Anschließend werden die Vorteile und Herausforderungen von Web-Archiven für Historiker untersucht.
Ein animierter, 10-minütiger Videovortrag bietet eine Einführung in die Grundlagen der Web-Technologie. Anschließend befasst sich eine Reihe von Aufgaben mit der Geschichte des Webs, den Technologien, auf denen es basiert, und dem Umgang mit Web-Archiven.
Lars Wieneke about changes in web technology
Im obigen Clip erklärt der Ingenieur Lars Wieneke, wie Web-Technologien das Spektrum und den Umfang der Daten, die über das Web ausgetauscht und dargestellt werden können, im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnt haben. Um diese Veränderungen zu veranschaulichen, geht er auf die beiden Websites über die Interviewsammlung des Psychologen David Boder ein, die in den Jahren 2000 und 2009 entstanden sind und Thema einer anderen Lektion auf Ranke2 sind. Das Verständnis der Veränderungen, die Software und Sprachen wie XML (Extensible Markup Language) und PHP (Hypertext Preprocessor) mit sich bringen, ist entscheidend für die Anwendung von Quellenkritik auf eine Website. Als Historiker sollten wir das Thema jedoch zunächst in den historischen Kontext einordnen: Wie haben sich Websites überhaupt entwickelt und welche Technologien waren nötig, damit sie funktionieren? Die folgenden Aufgaben werden sich kurz mit der Geschichte des Webs und den technologischen Entwicklungen befassen, die es überhaupt erst möglich machen. Anschließend werden die Unterschiede zwischen Web und Internet beleuchtet und danach die materielle Infrastruktur erörtert, die eine globale Vernetzung der Welt ermöglicht.
Sehen Sie sich diese 35-minütige Dokumentation der Web Foundation an und erfahren Sie, wie Tim Berners-Lee das World Wide Web erschuf.
Wie im Clip von Lars Wieneke beschrieben, veränderten sich die Websites von David Boder aus den Jahren 2000 und 2009 im Laufe der Zeit, als neue Technologien verfügbar wurden. Die ältere Version aus dem Jahr 2000 existiert nicht mehr im „Live“-Web, dennoch ist dank des archivierten Webs ein Vergleich zwischen der im Jahr 2000 veröffentlichten Version und der neuen Version von 2009 möglich. Bei dieser Aufgabe werden Sie die Grundlagen des archivierten Webs kennenlernen und sich mit einer der beliebtesten und nützlichsten Ressourcen für den Zugriff auf archivierte Webseiten vertraut machen – der Wayback Machine des Internet Archive. Gleichzeitig werden Sie die Herausforderungen und Grenzen der Web-Archivierung aus der Sicht eines Historikers kennenlernen.
Sehen Sie sich eine archivierte Version der allerersten Website an, die 1991 von Tim Berners-Lee erstellt und vom CERN in der Schweiz archiviert wurde:
Zum Glück ist das Internet Archive nicht die einzige Institution, die sich um die Archivierung des Internets bemüht. Verschiedene andere Institutionen sind in kleinerem Umfang tätig, in der Regel für Websites, die für bestimmte Länder als wichtig oder relevant angesehen werden. Mehrere europäische Länder, darunter Finnland, Frankreich, Irland, Spanien und Schweden, haben Web-Archive sogar in ihre Pflichtexemplare aufgenommen, was bedeutet, dass sie Websites einen ähnlichen Status zuerkannt haben, wie er Archivmaterialien wie Büchern und Zeitungen seit Jahrhunderten zugesprochen wird. Siehe zum Beispiel Großbritannien, Dänemark und Frankreich.
Doch die Aufgabe, das gesamte Web zu archivieren, ist keine einfache. Aufgrund der explosionsartigen Zunahme von Online-Inhalten, insbesondere seit den 2000er-Jahren, ist es für Archive und Organisationen unmöglich geworden, jede einzelne Website und ihre verschiedenen Versionen im Laufe der Zeit zu archivieren. Obschon das technologische Fachwissen in diesen Institutionen zugenommen hat, ist ein Rückgang der Aktivitäten auf nationaler Ebene zu beobachten, was zu einer stärkeren Abhängigkeit vom IA führt. Zum Glück ist das in Luxemburg nicht der Fall, wo die Nationalbibliothek (Bibliothèque nationale du Luxembourg, kurz BnL) seit 2016 mit der Archivierung des luxemburgischen Webs beauftragt ist.
Der Prozess der Archivierung wird nicht allein von der allgemeinen Sorge um Bewahrung angetrieben. Er hängt auch sehr stark mit den Möglichkeiten zusammen, die Identität, den Status und die Position einer Person zu verlängern und zu festigen. Nach Janne Nielsen, die eine klare Unterscheidung zwischen „Makro“- und „Mikro“-Archivierung vorschlägt, muss beispielsweise unbedingt zwischen einer mächtigen Institution, die eine Bewahrungsstrategie vor dem Hintergrund der Prosperität gegenüber einer breiten imaginären künftigen Zielgruppe entwirft („Makro“), und einer Wissenschaftlerin nach Abschluss eines geförderten Projekts unterschieden werden, der es gelingt, ihre Daten zur zukünftigen Nutzung im Rahmen ihrer akademischen Laufbahn zu bewahren („Mikro“). Im Falle der EU ist die Bewahrung – wie die nachstehenden Beispiele zeigen – auch aus Gründen der Transparenz in Bezug auf die Art und Weise von Bedeutung, wie Entscheidungen getroffen werden oder wie sich der rechtliche Rahmen zum Schutz der Bürger und ihres kulturellen Erbes im Laufe der Zeit entwickelt. Die hier vorgestellte Fallstudie – wie die Europäische Union die Bewahrung ihrer Web-Archive handhabt – ist ein Beispiel für Makro-Archivierung. Die „Ebene“ der Archivierung in diesem Kontext sollte während des gesamten Beispiels im Auge behalten werden.
Da die Erstellung von Websites für Menschen ohne technischen Hintergrund immer einfacher geworden ist, ist eine stetige Zunahme historischer Websites zu verzeichnen, die von Einzelpersonen erstellt werden und Open-Source-Anwendungen nutzen. Wordpress, Google und Weebly sind Beispiele für solche Ressourcen. Bei denjenigen, die solche Websites einrichten, handelt es sich häufig um Freiwillige, die ihre Leidenschaft für ein bestimmtes Thema weitergeben wollen, oder um Angehörige einer älteren Generation, die einen bestimmten historischen Brauch, den sie für wichtig halten, bewahren wollen. Im Mittelpunkt stehen oft lokale Themen: die Landschaft, das Dorf, die Stadt oder die Nachbarschaft. Die am häufigsten dokumentierten Erfahrungen beziehen sich jedoch auf Migration und Krieg. Den Brauch, Familienfotoalben von einer Generation zur nächsten weiterzugeben, gibt es nicht, wenn es um das digitale Familienerbe geht. Wie sollten Websites (mit potenzieller historischer Relevanz), die nicht in ein institutionelles Umfeld eingebettet sind oder auf Social-Media-Plattformen veröffentlicht werden, für die Zukunft bewahrt werden? Anhand einer Fallstudie sollen Sie nun die besten Strategien für die Mikro-Archivierung untersuchen.